Inside UDG

W&V MAKE in München

Moderatoren Katrin Müller-Hohenstein und W&V Geschäftsführer Christian Meitinger
Beitrag von Alexander Bobzien | Mittwoch, 4. Dezember 2019
Kategorie: Inside UDG

„Marketing für den Mittelstand“ – darauf lag der Fokus der W&V MAKE  am 26. November 2019. In München fanden sich zahlreiche Inhaber und Marketing-Vertreter mittelständischer Unternehmen zusammen. Zentrales Moment der Vorträge: Der Spagat zwischen traditionell gewachsener Unternehmenswerte und die Übersetzung in moderne Kommunikation.

Pünktlich um 09.30 Uhr wurde die W&V MAKE in den Räumlichkeiten des Hochhaues des Süddeutschen Verlags in München durch die Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein und W&V Geschäftsführer Christian Meitinger eröffnet. Auch in diesem Jahr war PIA einer der Sponsoren.

Alexander Bobzien, Director New Business bei UDG United Digital Group, gibt einen Überblick über die Inhalte des Events:

Wer nicht handelt kommt nirgendwo hin – Die Eigenmarken von dm

Den ersten Vortrag hielt Kerstin Erbe, Geschäftsführerin bei dm über die Eigenmarken der Drogeriekette: Auf Grund des Innovationsmangels am Markt vor 30 Jahren, ergriff dm kurzerhand selbst die Initiative und brachte eigene Marken auf den Markt. Heute, 30 Jahre später, verfügt dm über 27 Eigenmarken.

Seit ein paar Jahren setzt dm auf die Strategie der Zweigleisigkeit in Sachen Produktsortiment: dm Marken und Marken, welche auf spitze Zielgruppen zugeschnitten sind, wie die Haarpflegemarke Langhaarmädchen oder die Männerpflegeprodukte von Seinz. Letztere startet derzeit eine erste Kooperation mit Happy Socks mit dem Ziel, der Marke mehr Sichtbarkeit zu geben. Darüber hinaus wurde für „Langhaarmädchen“ Mitte November testweise, für eineinhalb Monate, ein Pop-up-Store in der Münchner Innenstadt eröffnet. Dort werden neben den dm Produkten auch Produkte aus dem Netzwerk der beiden Gründerinnen Mona Mayr und Julia Schindelmann von Langhaarmädchen ausgestellt und zum Verkauf angeboten.

Kerstin Erbe ist überzeugt, dass langjährige Partnerbeziehungen der Erfolgsfaktor für gelungene Unternehmensstrategien seien. Darüber hinaus sei es für Erbe sehr wichtig, neue Zielgruppen, die durch den Generationenshift entstehen, nicht zu vernachlässigen.

Der Club – Mehr als 90 Minuten Fußball

Bei Katharina Fritsch, Leitung Unternehmenskommunikation & CSR-Management beim 1. FC Nürnberg, ging es um die Schaffung von Mehrwerten rund um den bayerischen Fußballverein, der derzeit in der 2. Bundesliga spielt. Hierbei gab Fritsch Einblicke in Lifestyle-Anstrengungen und Neukundenakquise: Neugeborene in Nürnberg erhalten einen 1. FCN-Strampler, Lauftreffs, Yoga-Kurse und Haarschnitte beim eigenen Clubfriseurs vervielfältigen das Angebot. Fritsch geht neue Wege, so scheint es: So rief sie unter anderem die „Aktion Spielräume“ ins Leben, bei der die Reinigung von Schulhöfen und Bolzplätzen im Vordergrund steht. Auch hier ist der Bezug zum eigentlich Kernthema Fußball ebenfalls gegenwärtig, denn die Aktion dauert exakt so lang wie ein reguläres Fußballspiel – also 90 Minuten. Zur Motivation wurden für die ersten 500 Bewerber der Aktion, Tickets für ein Heimspiel gegen den großen Nachbarn aus München, den FC Bayern München, angepriesen. Derzeit plant Fritsch ein neues Projekt, welches sich mit dem Thema Mobilität beschäftigt und einen im Club Design gebrandeten Fahrrad-Helm für die Fans beinhaltet.

„Der größte Erfolg ist es, wenn die Optiker unsere Plakate aufhängen.“

Nach einer Kaffeepause betrat Dr. Ulrike Arnhold, Director Global Marketing bei Rodenstock, die Bühne und gab spannende Einblicke in eine lange und vielschichtige Firmenhistorie. Das Ergebnis: Nicht immer ist eine lange Firmengeschichte für das Marketing hilfreich, sondern vielfach auch amüsant.

Dennoch: Für die neue Kampagne gilt nicht, mit der Tradition zu brechen, sondern diese vielmehr neu zu denken und Brillen aus erfolgreichen Jahren wiederzubeleben – „Inspired by the past. Made for the future.“ Dabei läge der Fokus mehr auf den Optikern, als auf den Endkunden, mittels derer die Heritage nach außen transportiert werde.

„Kaufe nie Gurken von den Schurken“

Es folgten Einblicke in den FMCG Bereich: Andreas Reimer, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Hengstenberg und verantwortlich für das Marketing und die Außendarstellung, stellte eindrucksvoll die Herausforderungen und zugleich die Chancen einer sehr spitzen Zielgruppe heraus.

Hengstenberg ist in Deutschland an drei Standorten vertreten, die um die Vertragspartner und Landwirte angesiedelt sind, die die Gurken produzieren. Ein sehr wichtiges Element in der Kommunikationsstrategie ist der Glaube an die regionale Herkunft (aus deutschem Anbau) der Produkte. Ein weiteres sehr wichtiges Alleinstellungsmerkmal für Hengstenberg sei die Zeit, in der eine Gurke nach der Ernte ins Glas komme: Diese Zeitspanne betrage knapp 24 Stunden, so Reimer. Damit sei das Unternehmen aus Esslingen einer der Schnellsten und führend in der Branche.

Spirituosen zum Anfassen – Regionales Marketing war immer ein Thema

Bühne frei für Stefan Penninger, Geschäftsführer Alte Hausbrennerei Penninger. Als Ur-Ur-Enkel des Firmengründers führt er das inhabergeführte Familienunternehmen aus dem bayrischen Wald weiter.

Penninger nahm sein Publikum in die Unternehmensanfänge mit und führte mit seiner inspirierenden Vorstellung durch die Entwicklung der Hausbrennerei - von den ersten Anfängen in der Essigherstellung bis zu den jüngsten Herausforderungen. Besonders spannend sind die unterschiedlichen Standorte der unternehmenseigenen Geschäfte, die zum Teil in den Alpen aber auch rund um den Unternehmens-Hauptsitz in Hauzenberg im südlichen Bayerischen Wald, 20 Kilometer von Passau, angesiedelt sind.

„Wo wir uns tummeln, dreht es sich nur um drei Dinge: Sport, Tradition und Wellness“, so Penninger.
Dabei mache die Brennerei dreimal so viel Umsatz in den Alpen-Orten wie in den Standorten im bayerischen Wald.

Eine in den vergangenen Jahren sehr wichtige Säule im Kommunikations-Mix waren Radio-Spots, die auch in der aktuellen Neuauflage weiterhin zum Einsatz kommen. Das Unternehmen hat sich darüber hinaus neben den klassischen Produkten nun auch in den neuen Feldern Gin und Whiskey neu positioniert und wird Mitte 2020 darüber hinaus in einen neuen Unternehmens-Komplex umziehen.

Klinikgruppe Oberberg – mehr als eine starke Marketing Plattform

Martin Wider, Managing Partner bei 7SQUARED, der Strategieberatung der PIA Group, gab Einblicke in das durch mehrere PIA-Schwestern betreute Projekt für die Klinikgruppe Oberberg. Die Kernaufgabe bestand darin, mehrere Kliniken und Marken zu einer Marke zusammenzubringen. Hervorzuheben ist hier die Zeit der Umsetzung: Vom Projektstart bis zum Livegang der Website dauerte es nicht einmal sieben Monate!

In knapp 30 Tagen wurde vor Beginn des eigentlichen Projektstartes eine Mitarbeiter-App kreiert, die die Mitarbeiter über die neue Ausrichtung informieren solle. „Eine der wichtigsten Säulen, die zu unserem Projekterfolg geführt haben, sind die Mitarbeiter, die wir rechtzeitig abgeholt und auf die Reise mitgenommen haben. Unser Ziel war es, Mitarbeiter zu Change Agents zu machen“, so Wider.

Darüber hinaus wurde auch ein Patienten Lead Management eingeführt, da Patienten sich immer mehr „selbst einweisen“ wollen als dies - wie bisher - über den eigenen Hausarzt zu machen.

Progress needs Constant change

Am Ende nahm uns Frank Becker, Geschäftsführender Gesellschafter von Collonil, mit auf die Reise der Disruption im Schuhhandel. Dabei gab Becker einen sehr inspirierenden Einblick in die Herausforderungen der letzten Jahre und die damit verbundene Entwicklung des Unternehmens, welches seit mehr als 110 Jahren „bewahren und verändern“ sowie „Tradition und Disruption“ miteinander verbindet.

Eine der größten Herausforderungen für Collonil war die stetig schrumpfende Zahl der Handelspunkte (15.000 im Jahr 2008 auf unter 8.000 in 2018). Becker spricht sogar von einer „Sneakerisierung der Gesellschaft“. Um diesen Trend nicht zu verschlafen tat er sich strategisch mit einem Turnschuh Designer zusammen und stellte mit der „schu|HS by Collonil“ eine hauseigene, zweimal im Jahr stattfindende Messe auf die Beine. Im nächsten Ausbauschritt sind u.a. Orte in Tokio und Kapstadt geplant.

Emotionale Aufladung von Marken, Tradition, Innovation & Daten als Schlüssel der Kommunikation

Dies war nur ein Auszug der Themen und Vorträge, die auf der W&V MAKE in München angerissen und vorgestellt wurden. Mein Fazit: Eine sehr gelungene Veranstaltung, die in diesem Jahr nun insgesamt vier Stops in Deutschland gemacht hat. Besonders die Zusammenstellung von Entscheidern und Marketing-Verantwortlichen unter den Teilnehmern, gepaart mit inspirierenden Vorträgen, war eine tolle Bereicherung. Die Pausen sowie das nach der Mittagszeit stattfindende, halbstündige Business Speed Dating gab dem Event einen speziellen und lockeren Touch