Touchpoints

Was die Digital Natives wollen

Beitrag von Falk Ebert  | Montag, 7. Dezember 2015
Kategorie: Touchpoints

Die Anspruchsvollen von morgen

Bei großen Digital-Projekten ist es unerlässlich, schon heute die Ansprüche und Gewohnheiten der Nutzer von morgen abzuschätzen. Dennoch tun sich viele Unternehmen schwer damit. Das Ergebnis sind nicht selten Großprojekte im Bereich Web, Mobile oder Social, die sich schon nach kurzer Zeit überholt anfühlen.

Dabei ist es gar nicht unbedingt schwer, zu antizipieren, wie sich die User von morgen ein ideales Nutzererlebnis vorstellen. Wir müssen dafür nur das Mediennutzungsverhalten von Digital Natives beobachten. Und damit sind an dieser Stelle nicht nur die Nutzer gemeint, die mit digitalen Geräten und Diensten aufgewachsen sind. Es sind auch die Open Minds gemeint, die vollkommen unabhängig von Alter und Sozialisation gerne das Neue ausprobieren und die Digitalisierung tief in ihr Leben gelassen haben. Die Adoption von Technik ist kein reines Altersthema, sie schreitet durch die Offenheit aller Generationen stetig voran.

Doch was genau sind die Ansprüche, die dieser Trend impliziert?

Digital Natives wollen alles sofort

Wer seine Bücher über das Kindle-Ökosystem kauft, ist es gewohnt, dass von der Kaufentscheidung bis zum ersten Kapitel nur wenige Sekunden vergehen. Wer Car2Go-Kunde ist, kann sich jederzeit für ein Auto am Straßenrand entscheiden und sofort damit losfahren. Solche Beispiele illustrieren, warum Digital Natives es gewohnt sind, Dinge sofort zu bekommen.

Dieser Anspruch zieht sich konsequent durch das Mediennutzungsverhalten: Messenger sind die konsequente Weiterentwicklung der E-Mail, die den sofortigen Kontakt herstellen. Tinder ist die konsequente Weiterentwicklung der Dating-Portale. Und auch die haptische Welt erfährt durch das Aufkommen von 3D-Druckern und Drohnen eine signifikante Beschleunigung.

Digital Natives ticken deshalb im Sekundentakt. Schon wenige Sekunden Wartezeit können im E-Commerce merkliche Umsatz-Unterschiede bedeuten. Ein Video, das nicht in den ersten Sekunden überzeugt, wird weggeklickt.

Digital Natives wollen alles personalisiert

Beim Wunsch nach Geschwindigkeit bleibt es jedoch nicht. Ein weiterer Meta-Trend ist die Personalisierung. Durch umfangreiches Tracking können Web-Dienste inzwischen gute Persönlichkeitsprofile der Nutzer erstellen. Und sie nutzen diese auch. Würde man von den Seiten wie Google, Facebook oder YouTube alles entfernen, was nicht personalisiert ausgesteuert wird, bliebe neben dem Logo kaum noch etwas übrig

Und auch hier entstehen durch die Digitalisierung wertvolle neue Dienste. Mass Customization – also das individuelle, aber dennoch massentaugliche Produkt – gibt es inzwischen von Müsli bis Laufschuhe. Und auch die Werbung folgt dem Trend. Coca Cola hat bei der „Trink ’ne Coke mit“ Kampagne das wertvollste Asset ihrer Marke, das Logo, durch den Namen der Konsumenten ersetzt. Zahlreiche weitere Konsumgüterhersteller sind mit ähnlichen Initiativen gefolgt.

Für Digital Natives geht die Bedeutung natürlich weit über Brausegetränke hinaus. Sie wollen beispielsweise auf der Arbeit auch Anstellungsverhältnisse und Jobtitel für sich neu definieren. Für digitale Produkte bedeutet das: Kaum ein Nutzer wird ein zufriedenstellendes Nutzererlebnis haben, wenn sich das Produkt nicht an ihn anpasst.

Digital Natives wollen alles online

Selbstverständlich stößt in diesem Kontext auch alles auf Verwunderung, was nicht im Internet ist. Die Repräsentation von Unternehmen im Internet durch Beschreibung, beispielsweise auf Websites, war nur der erste Schritt. Die Digitalisierung von internen und externen Prozessen ist das nächste große Thema.

Digital Natives tun sich schwer zu akzeptieren, dass sie ihre private Cloud-Lösung nicht verwenden können, wenn sie unterwegs weiterarbeiten möchten. Nicht-digitalisierte Informationen sind für sie nicht existent. Und die Trennung einer Online- und Offline-Abteilung, wie es sie beispielsweise bei Medienmarken noch gibt, verstehen sie schlichtweg nicht.

Den viel zitierten Spruch „Papa, wie kamt ihr ins Internet, bevor ihr Computer hattet?“ haben vermutlich nicht alle Redner gehört, die ihn in Keynotes zitiert haben. Und doch illustriert er ein sehr wichtiges Paradigma: Eine Welt ohne Internet ist für Digital Natives unvorstellbar.

Kleine Schritte gehen

Kein Unternehmen kann sich von heute auf morgen auf die Digitalisierung einstellen. Nicht nur, weil das ein zu großer Kraftakt wäre. Sondern vor allem deshalb, weil es die falsche Herangehensweise wäre. Es gilt, ein grundsätzliches Mindset dafür zu etablieren. Dann kann Schritt für Schritt, Prozess für Prozess geprüft werden, ob man das Unternehmen tatsächlich in allen Facetten in die Zukunft entwickelt.

Und dafür wird es höchste Zeit.