Technology

Wie Digital­­projekte gelingen

Flur mit Automat und UDG Logo.
Beitrag von Tanja Gabler | Donnerstag, 9. Februar 2017
Kategorie: Technologie

Klingt eigentlich selbstverständlich, dennoch scheitern viele Unternehmen daran: Bevor ein Projekt begonnen wird, sollte das Ziel festgelegt und transparent kommuniziert werden. Was außerdem nötig ist, damit ein Digitalprojekt ein Erfolg wird, erklärt Erik E. Groeneveld.

Erik Groeneveld

Wie muss ein Unternehmen vorgehen, wenn es sein Business digitalisieren möchte?
Erik E. Groeneveld: Wichtig sind die strategischen Unternehmensziele: In welche Richtung soll sich das Geschäft zukünftig entwickeln? Die Digitale Transformation spielt heute für alle Unternehmen eine zentrale Rolle – ob sie wollen oder nicht. Die Unternehmen müssen sich daher fragen, was dies genau für die einzelnen Bereiche bedeutet. Welche Ableitungen kann man für die Business-, Marketing- und Sales-Strategien treffen? Dies betrifft sowohl den Umgang mit ihren Kunden als auch den Umgang mit den eigenen Mitarbeitern. In der Digitalisierung steckt enormes Potenzial, sowohl intern als auch extern. Daher muss sie in den strategischen Unternehmenszielen enthalten sein. Es muss klar sein, welche Service und Lösungen das Unternehmen in Zukunft anbieten möchte.

Wie sehen die ersten Schritte aus?
Erik E. Groeneveld: Nehmen wir als Beispiel einen Flughafen. Dessen Aufgabe ist es, möglichst viele Passagiere sicher zu ihrem Flug zu bringen, ihre Wege kurz zu halten und ihnen ein gutes Erlebnis bieten. Am besten so gut, dass die Besucher noch etwas shoppen oder sogar nur zum Einkaufen zum Flughafen kommen. Bei Überlegungen dieser Art ist die begleitende Agentur viel stärker involviert als früher. Gemeinsam mit dem Unternehmen muss analysiert werden, welche Zielgruppe auf welche Hindernisse stößt und wo man gemeinsam die Experience optimieren kann. Anschließend sollte sich das Unternehmen klar positionieren: Das sind unsere Kunden, das sind die Herausforderungen und das ist die Lösung, die wir umsetzen. Dies gilt sowohl intern als auch extern.

Was bedeutet die stärkere Beteiligung der Agentur für die Prozesse?
Erik E. Groeneveld: Statt projektbezogenen zu arbeiten sind wir heute sehr viel stärker beratend tätig. So unterstützen wir einen unserer Kunden gerade ganzheitlich in seiner Digitalisierung, analysieren Prozesse auf allen Ebenen und erstellen dann einen Katalog mit Projekten, deren Umsetzung wir natürlich auch gerne übernehmen. Entscheidend ist, dass Kunde und Agentur gemeinsam alle relevanten Prozesse entlang der Customer-Journey designen und optimieren. Und zwar als Partner und zusammen mit allen Stakeholdern, die relevant sind.

Für Firmen ist es oft nicht leicht, alle ins Boot zu holen …
Erik E. Groeneveld: Das stimmt, in diesem Punkt kann eine Agentur dem Unternehmen helfen, weil sie einerseits Erfahrung aus früheren Projekten mitbringt und andererseits keine firmeninternen politischen Interessen hat. Bei einem E-Commerce-Projekt ist es zum Beispiel wichtig, neben dem Logistik- auch den Paymentprovider an den Tisch zu holen und zusammen zu überlegen, wie man die optimale User Experience erreichen kann. Der Kunde unterscheidet schließlich nicht zwischen Händler und Versender. Wenn der Paketdienst versagt, ist der Kunde enttäuscht.

Wie sollten Unternehmen große Digitalprojekte vorbereiten, um möglichst viele Schwierigkeiten schon im Vorfeld zu vermeiden?
Erik E. Groeneveld: Man muss für zwei Dinge sorgen: dass erstens das Ziel klar ist und alle verstanden haben, was gemeinsam erreicht oder gelöst werden soll – und dass zweitens Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten eindeutig festgelegt sind. Das klingt so offensichtlich, aber: Diese beiden Punkte sind nach wie vor die häufigsten Gründe, aus denen Projekte scheitern oder der Zeitplan nicht eingehalten werden kann. Manchmal passen auch Unternehmen und Methode nicht zusammen.

Kannst du ein Beispiel nennen?
Erik E. Groeneveld: Agile Projektmethoden sind großartig, wenn eine Organisation bereit dafür ist. Agil vorzugehen bedeutet, dass das gewünschte Ergebnis erst im Verlauf definiert und sich stetig verändern kann – auch weil es die viel dynamischeren Rahmenbedingungen getrieben durch die Digitalisierung erfordern. Auch die Kosten lassen sich vorab nicht hundert Prozent genau abschätzen. Deshalb muss sich der Entscheidungsträger auf Kundenseite stark einbringen. Wie schwer das zu realisieren ist, haben wir gerade erst bei einem Projekt festgestellt. Wir haben uns dann gemeinsam mit dem Kunden für ein „agentur-agiles“ Vorgehen entschieden, bei dem wir agile Elemente mit klassischem Projektvorgehen kombinieren und jetzt klappt es wunderbar. Als Agentur sind wir in den Methoden flexibel. Hauptsache, das Ergebnis stimmt und der Kunde ist glücklich.

Nicht nur das Managen von Digitalprojekten, auch die gestiegenen Erwartungen der Kunden stellen Unternehmen und Marken vor große Herausforderungen – gerade im Handel.
Erik E. Groeneveld: Große Player wie Amazon sind sowohl beim Preis als auch bei der Logistik schwer zu schlagen, deshalb müssen Marken und andere Wege finden, für ihre Kunden attraktiv zu sein. Es sollten Mehrwerte kreiert werden, die über den Kauf als solches hinaus für die Endkonsumenten attraktiv sind. Ein Ansatz ist Exklusivität, so dass manche Produkte über einen gewissen Zeitraum nur bei der Marke selbst verfügbar sind. Ein anderer sind Kundenbindungsprogramme. Da muss jedes Unternehmen eine individuelle Lösung finden, die auf die Marke und die entsprechende Zielgruppe zugeschnitten ist.

Welche Bedeutung kommt dabei den Kampagnen zu?
Erik E. Groeneveld: Die Kampagnen sorgen nach wie vor für die nötige Aufmerksamkeit. Wir erstellen heute ganzheitliche Plattformen, die Mehrwerte bieten und damit immer mehr Konsumenten ansprechen und ein stabiles Wachstum unterstützen. Eine gute Plattform-Strategie ist daher von zentraler Bedeutung. Die Kampagnen sorgen für den nötigen Zufluss an neuen Interessenten. In der digitalen Welt haben wir heute unzählige Möglichkeiten den Konsumenten direkt anzusprechen, sei es im Bereich Social Media, mithilfe von Content oder zum Beispiel Influencer-Marketing. Bei letzterem haben wir kürzlich für das HUAWEI nova eine großartige Kampagne mit Influencern aus den Bereichen Funsport und Streetart gelauncht. Das Wichtige ist auch hier spannendes und authentisches Storytelling. So begeistern wir nicht nur mögliche Kunden, sondern überraschen auch mit coolem Content – auch von Marken, von denen man es vielleicht so nicht erwartet.

Inspiration ist gerade im Bereich Kampagne ein wichtiger Faktor …
Erik E. Groeneveld: Deswegen haben wir auch bei uns in Hamburg ein Meet&Seed-Event eingeführt, bei dem jeweils drei Personen in 15 Minuten spannende Projekte und Ideen vorstellen. Die Themen können aus dem Agenturumfeld sein, müssen es aber nicht. Im Oktober war zum Beispiel Starfotograf Günter Zint als Redner bei uns, dessen Bilder in unseren Konferenzräumen hängen. Er hat dann erzählt, wie Jimi Hendrix auf seinem Sofa übernachtet hat, nachdem er aus dem Hotel geflogen ist, und dass ihm Paul McCartney immer noch zum Geburtstag gratuliert. Das war wirklich ein beeindruckender Abend.

 

Über den Experten:

Erik E. Groeneveld ist Experte für digitale Beratung und Transformation und leitet gemeinsam mit Matthias Hoyer als Geschäftsführer das Hamburger Office. Bevor er 2016 zur UDG United Digital Group kam, arbeitete er für SinnerSchrader und führte dort zuletzt als Mitglied der Geschäftsleitung den Prager Standort.